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Neues zum Befristungsrecht

3-jährige Unterbrechung reicht bei Vorbeschäftigung für Befristung ohne Sachgrund alleine nicht

Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz ist für die Befristung eines Arbeitsvertrages grundsätzlich ein Sachgrund erforderlich.

Ausnahmen bestehen unter anderem in den ersten zwei Jahren der Beschäftigung sowie in den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens.

 

Vorsicht bei vorangegangener Beschäftigung

Liegt eine Vorbeschäftigung vor, ist im Falle der Befristung des Arbeitsvertrages Vorsicht geboten. Bestand mit demselben Arbeitgeber jemals zuvor ein Beschäftigungsverhältnis ist nach dem Gesetzeswortlaut für die nur befristete Einstellung ein Sachgrund erforderlich. Gilt das immer? Nicht immer.

 

Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hinfällig!

Das Bundesarbeitsgericht nahm an, eine erneute sachgrundlose Befristung sei zulässig, wenn das Ende des früheren Arbeitsverhältnisses und dem sachgrundlos befristeten neuen Arbeitsvertrag mehr als drei Jahre liegen (BAG, Urteil vom 06.04.2011, 7 AZR 716/09).

Die unteren Instanzen konnten sich mit dieser Interpretation des Gesetzes nicht anfreunden. Sie kritisierten die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes, da der Wortlaut eine Befristung ohne sachlichen Grund ausschließt, wenn jemals zuvor ein Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber bestanden hat (vgl. z.B. LAG BW, Urteil vom 21.02.2014, 7 Sa 64/13).

Das Bundesverfassungsgericht entschied nun, der strikte Wortlaut, der selbst bei einer seit Jahrzehnten zurückliegenden Vorbeschäftigung für die Befristung einen Sachgrund erforderlich macht, dürfe nicht zu unverhältnismäßigen Ergebnissen führen. Auf den reinen Zeitablauf von 3 Jahren dürfe nicht abgestellt werden.

Die Vorbeschäftigung stehe einer sachgrundlosen Befristung nur entgegen, so die Verfassungsrichter, soweit die Beschäftigten nach Art und Umfang der Vorbeschäftigung vor Kettenbefristungen geschützt werden müssten und andernfalls das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform gefährdet wäre.

 

Bundesverfassungsgericht nennt Kriterien

Eine Befristung des Arbeitsvertrages ohne Sachgrund ist nach dem Beschluss der Verfassungsrichter trotz Vorbeschäftigung entgegen dem Wortlaut insbesondere dann möglich, wenn

  • eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt,
  • ganz anders geartet war oder
  • von sehr kurzer Dauer gewesen ist.

Als Beispiele nennt das Bundesverfassungsgericht

  • bestimmte geringfügige Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studienzeit oder der Familienzeit,
  • die Tätigkeit von Werkstudierenden
  • oder die lang zurückliegende Beschäftigung von Menschen, die sich später beruflich völlig neu orientieren.
 
Ist das schon praktikabel? Praktische Empfehlung

Genaue Richtwerte gibt das Bundesverfassungsgericht leider nicht vor, sondern verweist auf die weitere Entwicklung in der Rechtsprechung.

Sicher ist, dass die im Vertrauen auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes vereinbarten Befristungen unwirksam sind, sofern nicht eine Ausnahme im Sinne des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vorliegt.

Grund zur Panik besteht dennoch nicht. Arbeitnehmer müssen innerhalb von 3 Wochen nach Ablauf des befristeten Arbeitsvertrages eine sogenannte Entfristungsklage erheben. Versäumt der Arbeitnehmer diese Frist, kann er nicht mehr gegen die (unwirksame) Befristung vorgehen.

Vor einer sachgrundlosen Befristung sollte vor der Einstellung ausdrücklich nach einer Vorbeschäftigung und gegebenenfalls der Art der Vorbeschäftigung gefragt werden.

Um bei einer Vorbeschäftigung auf Nummer sicher zu gehen, sollten Sie vorerst auf eine befristete Anstellung ohne sachlichen Grund verzichten, bis von der Rechtsprechung die Fallgruppen näher herausgebildet wurden. Soweit Sie Sachgründe für eine Befristung des Vertrages haben, wie etwa den nur vorübergehenden Mehrbedarf an Arbeitskräften im Saisongeschäft, sollten Sie diese Instrumente aktiv nutzen.

 

Verfasser Kirsten Alexander Ritz, Rechtsanwalt, lohn-ag.de Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

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