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Gutscheine und Geldkarten ab 1.1.2020 Geänderte Rechtslage - Handlungsbedarf für Personaler

Gutscheine und Geldkarten ab 2020

Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern Sachen oder Sachleistungen bis zu einem Wert von 44,00 € inkl. USt im Kalendermonat lohnsteuer- und beitragsfrei zukommen lassen.

Die Freigrenze von 44 € pro Kalendermonat darf nicht überschritten werden, da andernfalls die gesamte Leistung steuer- und beitragspflichtig ist.

Nach Ansicht des Gesetzgebers gab es Schwierigkeiten bei der Abgrenzung des Sachbezugs von einer Geldleistung. Zur Klarstellung wurde folgendes geregelt:

 

Ab 2020 sind steuerlich nicht mehr begünstigt:

  • zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen,
  • Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten.

Gutscheine und Geldkarten ab 2020 dürfen nur zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und müssen die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz ZAG erfüllen.

 

Kein Bargeld, keine nachträgliche Kostenerstattung

Eine häufige betriebliche Praxis, Beschäftigten monatlich eine Tankfüllung zu gewähren und hierfür vom Mitarbeiter verauslagte Aufwendungen gegen Vorlage der Tankquittung bis zu einem Betrag von 44,00 € zu erstatten, war praktisch, kürzte die Wege ab, ist aber steuerlich passé. Cash gegen Quittung, Zuschüsse zu Heizkostenrechnungen etc. sind nicht mehr begünstigt.

Es darf nicht vereinbart werden, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Bargeld zweckgebunden mit der strikten Weisung gibt, eine bestimmte Sache zu erwerben.

Es darf nicht vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer das Geld zunächst vorstreckt und der Arbeitgeber die Auslagen dann nachträglich erstattet.

 

Nach dem ZAG muss der Gutschein / die Geldkarte:

  • für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen in den Geschäftsräumen des Emittenten oder innerhalb eines begrenzten Netzes von Dienstleistern im Rahmen einer Geschäftsvereinbarung mit einem professionellen Emittenten eingesetzt werden können, 
  • für den Erwerb eines sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungsspektrums eingesetzt werden können, oder 
  • beschränkt sein auf den Einsatz im Inland und

    auf Ersuchen eines Unternehmens oder einer öffentlichen Stelle für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke nach Maßgabe öffentlich-rechtlicher Bestimmungen für den Erwerb der darin bestimmten Waren oder Dienstleistungen von Anbietern, die eine gewerbliche Vereinbarung mit dem Emittenten geschlossen haben, bereitgestellt werden.

 

In Ordnung sind 

Gutscheine / Karten für begrenzte Akzeptanzstellen

  • Closed-Loop-Karten:

    Diese „Geschenkkarten“ berechtigen Waren und Dienstleistungen von dem Einzelhändler, der die Karte ausgestellt hat, zu beziehen
  • Controlled-Loop-Karten

    Diese Gutscheinkarten berechtigen nicht nur vom Aussteller Waren oder Dienstleistungen zu beziehen, sondern bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen, bspw. Centergutscheine und City-Cards, Kundenkarten einer Ladenkette.

Gutscheine / Karten für sehr begrenztes Spektrum an Waren und Dienstleistung 

Ein begrenztes Spektrum liegt etwa vor; wenn die Kundenkarte nur ein sehr begrenztes Waren- oder Dienstleistungsspektrum abdeckt. Maßgeblich ist, dass nur funktional verbundene Waren oder Dienstleistungen bezogen werden können. So ist es in Ord-nung über Tankkarten das Warenspektrum über Benzin oder Diesel auf „Alles, was das Auto bewegt“ auszweiten und neben dem, Erwerb von Treibstoffen auch Schmierstoffe zu fassen (vgl. BT Drucksache 18/11495).

Hier müsste beispielsweise der Bezug von Kaffee für den Fahrer auf der Karte als Shopware technisch gesperrt sein, da der Kaffee nicht das Auto bewegt, sondern den Menschen.

 

Zeitpunkt des Zuflusses

Für den Zeitpunkt des Zuflusses des Gutscheins ist entscheidend, bei wem der Gutschein einzulösen ist. Für die Bewertung eines bei einem Dritten einzulösenden Gutscheins ist der Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins an den Arbeitnehmer maßgeblich, da der Arbeitneh-mer zu diesem Zeitpunkt einen Rechtsanspruch gegenüber dem Dritten erhält. Ist der Gutschein beim Arbeitgeber einzulösen, fließt Arbeitslohn erst bei Einlösung des Gutscheins zu, vgl. LStR R 38.2. Abs. 3

 

Bewertung des Sachbezugs

Bei der Bewertung der Sachbezüge nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG sind grundsätzlich die üblichen Preisnachlässe am Abgabeort zu berücksichtigen; die Ware oder Dienstleistung kann aus Vereinfachungsgründen mit 96 % des Endpreises bewertet werden, zu dem sie der Abgeben-de oder dessen Abnehmer fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet.

 

Beispiel Liter-Gutschein

Ein Arbeitnehmer erhält monatlich zum 1. des Monats einen Gutschein z. B. über 25 Liter Superplusbenzin ohne Euro-Angabe zur Einlösung bei einer bestimmten Tankstelle. Der Preis für Superplus im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins beträgt z. B. 1,65 € pro Liter. 1,65 € × 25 Liter = 41,25 €, hiervon 96 % = Wert des Sachbezugs 39,60 €. Da die monatliche 44-Euro-Freigrenze nicht überschritten ist, ist der Wert des Benzingutscheins steuer- und beitragsfrei. Bei Preisschwankungen ist die Bezugsmenge anzupassen.

  

Gutschein mit €-Zeichen 

Die Rückkehr des alten Liter-Gutscheins ohne Währungszeichen ist nach hiesiger Einschätzung nicht zu befürchten. Die neue Fassung der gesetzlichen Regelung behandelt Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten grundsätzlich wie Bargeld, lässt aber Ausnahmen zu, wenn der Gutschein oder die Geldkarte ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nr. 10 ZAG erfüllen. Ein auf einen €-Höchstbetrag lautender Warengutschein ist unter diesen Voraussetzungen weiterhin möglich.

 

Beispiel Tankgutschein über 44 €

Ein Arbeitnehmer erhält von seinem Arbeitgeber monatlich zum 1. des Kalendermonats zusätzlich zum Lohn einen Gutschein über 44 €, der ausschließlich zum Bezug von Benzin bei einer bestimmten Tankstelle berechtigt, mit deren Inhaber der Arbeitgeber die Annahme des Gutscheins vereinbart hat.


Gewähren Sie einen Benzingutschein als monatlichen Sachbezug, sollten Sie strikt darauf achten, dass Kostenerstattungen und zweckgebundener Auslagenersatz nicht mehr zulässig sind, sondern der Gutschein bei der Tankstelle tatsächlich eingelöst werden muss.

 

Entgeltumwandlung? Nein, nur echte Zusatzleistungen sind begünstigt!

Bis Ende 2019 war es zulässig, die Vergütung für die Zukunft einvernehmlich zu mindern und im Gegenzug hierfür einen Sachbezugsgutschein zu gewähren. Das ist vorbei. 

Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass der Sachbezug nur dann steuerbegünstigt ist, wenn er „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Lohn“ gewährt wird.

Nach Ansicht des BFH (Urteil vom 1.8.2019, VI R 32/18) ist es zulässig, trotz Zusätzlichkeitserfordernis eine bestehende Entgeltvereinbarung für die Zukunft zugunsten eines steuerbegünstigten Lohnbestandteils zu ändern; eine Umwandlung sei lediglich dann ausgeschlossen, wenn hierdurch zwingende Ansprüche unterschritten oder Rückfallklauseln vereinbart würden, d.h. wenn zwischen den Parteien Einigkeit bestehe, dass der vereinbarte Lohn bei Wegfall der Voraussetzungen für die steuerbegünstigten Zuschüsse wieder in voller Höhe gezahlt werde. Die Verwaltung sieht das anders.

Abweichend von der jüngeren Rechtsprechung des BFH hat Bundesministerium der Finanzen - im Vorgriff auf eine entsprechende Gesetzesänderung - per Schreiben vom 05.02.2020 für die Verwaltung festgelegt:

„Im Sinne des Einkommensteuergesetzes werden Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erbracht, wenn

  1. die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet, 
  2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt, 
  3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und 
  4. bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.

Dies gilt im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung unabhängig davon, ob der Arbeitslohn tarifgebunden ist. Es sind somit im gesamten Lohn-und Einkommensteuerrecht nur echte Zusatzleistungen des Arbeitgebers steuerbegünstigt.“

 

Noch kein Anwendungsrundschreiben - Gestaltungsmöglichkeiten unklar

Bis die Finanzverwaltung ein Anwendungsschreiben herausgibt, bestehen steuerliche Unwägbarkeiten. 

Anbieter von Geldkarten haben wohl überwiegend auf die geänderte Rechtslage reagiert und den Einsatzbereich auf das Inland beschränkt und auch die Zahlfunktionen so eingeschränkt, dass sie bei Händlern, deren Abbuchung von außerhalb Deutschlands initiiert wird, nicht mehr eingesetzt werden können. Derzeit ist nicht sicher, ob bereits diese Anpassungen den neuen gesetzlichen Anforderungen genügen. 

Neben der Beschränkung auf den Einsatz im Inland muss die Karte nach dem ZAG zudem („und“) „auf Ersuchen eines Unternehmens oder einer öffentlichen Stelle für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke nach Maßgabe öffentlich-rechtlicher Bestimmungen für den Erwerb der darin bestimmten Waren oder Dienstleistungen von Anbietern, die eine gewerbliche Vereinbarung mit dem Emittenten geschlossen haben, bereitgestellt werden. 

Klärungsbedürftig ist auch, ob es im Falle einer vorhergehenden Beschäftigung aus Sicht der Verwaltung dem Grunde nach zulässig ist, mit demselben Arbeitgeber bei gleicher Tätigkeit eine von der vorhergehenden Vergütung abweichende Vergütung dergestalt zu vereinbaren, dass ein um den Sachbezugswert gemindertes Entgelt vereinbart und zusätzlich ein Sachbezug gewährt wird. Wenn es dem Grunde nach zulässig ist, von einer einmal getroffenen früheren Vereinbarung abzuweichen, stellt sich die Frage, ob und wieviel Zeit zwischen den Beschäftigungsverhältnissen liegen muss, um dem Vorhalt zu entgehen, der Anspruch auf Arbeitslohn sei zugunsten der Leistung herabgesetzt worden. Es dürfte nicht anzunehmen sein, dass eine solche Gestaltung akzeptiert wird.

Unklar ist auch, ob es von der Verwaltung akzeptiert würde, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zunächst anweisen würde, für den Arbeitgeber einen Gutschein zu erwerben, die Auslagen hierfür an den Arbeitnehmer erstattete, sich sodann den Gutschein vom Arbeitnehmer aushändigen lässt und dann den Gutschein an den Arbeitnehmer als Sachbezug ausgibt. Vermutlich würde es nicht akzeptiert.

 

Schreiben an Finanzamt und Sozialversicherungsträger / Anrufungsauskunft

Anwendern von Geldkarten wird angeraten das zuständige Finanzamt und die Sozialversicherungsträger über die Verwendung zu informieren und mitzuteilen, dass erforderlich werdende steuerliche Änderungen vorgenommen werden. 

Es könnte etwa mitgeteilt werden „im Rahmen der Lohnsteueranmeldungen weisen wir darauf hin, dass das Unternehmen Sachbezugskarten verwendet und so derzeit die Begünstigung nach § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG oder § 37b EStG nutzt. Die tatsächliche lohnsteuerliche bzw. sozialversicherungsrechtliche Behandlung (im Rahmen der Lohnsteueranmeldungen) ist noch anzupassen, sofern sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellen sollte, dass die für die lohnsteuer- bzw. sozialversicherungsbegünstigte Einordnung der erfolgten arbeitgeberseitigen Zuwendungen nicht sämtliche erforderlichen Voraussetzungen vorgelegen haben sollten.“ 

Zudem besteht die Möglichkeit über eine Anrufungsauskunft Sichtweise Ihres Finanzamts gebührenfrei klären zu lassen. Das Betriebsstättenfinanzamt hat Ihnen nach § 42e EStG auf Anfrage mitzuteilen, ob und inwieweit im einzelnen Fall die Vorschriften über die Lohnsteuer anzuwenden sind. 

Etwaige vor dem 1.1.2020 zu Gutscheinen oder Geldkarten erteilte Auskünfte treten außer Kraft, soweit sie sich auf die alte Rechtslage beziehen.

 

Verfasser: Rechtsanwalt Kirsten Alexander Ritz, lohn-ag.de Rechtsanwaltsgesellschaft mbH