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44 EUR Sachbezüge - Änderungen für Geldkarten möglicherweise erst ab 2022

Arbeitgeber dürfen ihren Arbeitnehmern Sachbezüge bis zu einem Wert von derzeit 44,00 € einschließlich Umsatzsteuer pro Kalendermonat lohnsteuer- und beitragsfrei zukommen lassen. Die Freigrenze darf nicht überschritten werden, andernfalls ist die gesamte Leistung steuer- und beitragspflichtig.

Seit dem 1. Januar 2020 sind Gutscheine und Geldkarten nur dann steuerfrei, wenn sie ausschließlich zum Bezug von Waren und Dienstleistungen berechtigen, bestimmte Kriterien des Zahlungsdienstaufsichtsgesetzes erfüllen und wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.

Die Finanzverwaltung hat bislang noch kein BMF-Schreiben zur Erläuterung der konkret zu treffenden Maßnahmen herausgegeben, so dass derzeit noch nicht geklärt ist, wie die Finanzverwaltung die bereits seit 1. Januar 2020 geltenden Regelungen, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und der damit zu verzeichnenden Verschiebung des Absatzmarktes auf den Online-Handel umsetzen wird.

Gutscheine

Werden Gutscheine oder Geldkarten als Sachbezug verwendet, müssen die Kartenanbieter die Anforderungen des Gesetzes über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (konkret § 2 Absatz 1 Nr. 10 ZAG) erfüllen.

Zulässig sind nach derzeitigem Sachstand

  • aufladbare Karten für den Einzelhandel wie z. B. Geschenkkarten, die von einem Einzelhändler ausgegeben werden, sog. „Closed-Loop-Karten“
  • Karten, die bei einem bestimmten Kreis von Läden eingelöst werden können, z.B. Centergutscheine oder City-Cards, sog. „Controlled-Loop-Karten“.

Ebenfalls zu den Sachbezügen gehören Gutscheine, die nur ein begrenztes Spektrum an Waren oder Leistungen abdecken. So ist es in Ordnung über Tankkarten das Warenspektrum über Benzin oder Diesel auf „Alles, was das Auto bewegt“, also zum Bsp. Strom und Öl, auszweiten. Auf die Zahl der Annahmestellen kommt es dabei nicht an.

Denkbar sind auch Gutscheine für Dienstleistungen, wie Trainingsangebote in Fitness-Centern.

Der Klassiker „Benzingutschein“ ist also weiterhin möglich. Hier erhält der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber monatlich zum 1. des Kalendermonats zusätzlich zum Lohn einen Gutschein über 44 € zum Tanken bei einer bestimmten Tankstelle. Der Gutschein darf nur bei der bestimmten Tankstelle und nur zum Tanken verwendet werden. Die Barauszahlung muss ausgeschlossen sein.

Kein Bargeld

Eine Erstattung von Aufwendungen oder die Vereinbarung Bargeld für einen bestimmten Verwendungszweck zu verwenden ist bei der Gewährung von Sachbezügen nicht zulässig. Es darf nicht vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer das Geld zunächst vorstreckt und der Arbeitgeber die Auslagen dann erstattet. Auch darf dem Arbeitnehmer kein Bargeld für den Zweck gegeben werden, eine bestimmte Sache für sich zu kaufen. Eine häufige betriebliche Praxis, Beschäftigten die Kosten für eine Tankfüllung gegen Vorlage der Quittung bis zu einem Wert von 44 € zu erstatten, ist steuerlich passé.

Geldkarten

Nicht begünstigt sind Geldkarten, sog. „Open-Loop-Karten“, die

  • über eine Barauszahlungsfunktion oder
  • über eine eigene IBAN verfügen,
  • die für Überweisungen oder
  • für den Erwerb von Devisen (US-Dollar, Schweizer Franken etc) verwendet sowie
  • als generelles Zahlungsinstrument hinterlegt werden können.

Neben der Beschränkung auf den Einsatz im Inland muss die Karte nach dem ZAG zudem „auf Ersuchen eines Unternehmens oder einer öffentlichen Stelle für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke nach Maßgabe öffentlich-rechtlicher Bestimmungen für den Erwerb der darin bestimmten Waren oder Dienstleistungen von Anbietern, die eine gewerbliche Vereinbarung mit dem Emittenten geschlossen haben, bereitgestellt werden.

Empfehlung des Finanzausschusses:
Anwendung für Geldkarten erst ab 1. Januar 2022

Die von den Anbietern von Geldkarten („Open-Loop-Karten“) zu erfüllenden Anforderungen wurden von der Finanzverwaltung noch nicht in einem Anwendungsschreiben geklärt.

In der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Finanzausschusses zum Jahressteuergesetz 2020 wird an die Bundesregierung und die Bundesländer appelliert, das geplante BMF-Schreiben erst zum 01. Januar.2022 in Kraft treten zu lassen und eine Regelung der Finanzverwaltung zu erlassen, die vorsieht, dass bis zum 31. Dezember 2020 in Verkehr gebrachte Open-Loop-Karten bis zum 31. Dezember 2021 weiterhin als Sachbezug gelten.

Um den Kartenanbietern Zeit zur Umstellung zu geben und die seit Anfang Januar 2020 bestehende Rechtsunsicherheit zu beenden, hätten die Koalitionsfraktionen beschlossen, sogenannte „Open-Loop-Karten“ in der Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2021 im Verwaltungswege weiter als Sachbezugskarten zuzulassen, so der Bericht des Finanzausschusses vom 10.12.2020 (Bundestags-Drucksache 19/25160, Seite 159).

Umwandlung verboten: „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Lohn“

Eine weitere bereits für das Jahr 2020 zu beachtende Änderung bei „44-€-Sachbezügen“ ist das Umwandlungsverbot. Sachbezugsleistungen sind nur dann steuerbegünstigt, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Lohn gewährt werden.

Abweichend von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (Urteil vom 1.8.2019, VI R 32/18) ist es seit 1. Januar 2020 nicht mehr zulässig, den vereinbarten Lohn zugunsten eines steuerbegünstigten Lohnbestandteils abzusenken.

Die Finanzverwaltung hat bereits per BMF-Schreiben vom 5. Februar 2020 klargestellt, dass Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten Sachbezüge oder Zuschüsse für eine Beschäftigung steuerlich nur dann „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erbracht, wenn

  1. die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
  2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
  3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
  4. bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht

wird.

Nur echte Zusatzleistungen des Arbeitgebers sind steuerbegünstigt.

Praktische Gestaltungsmöglichkeiten unklar

Zumindest bis die Finanzverwaltung ein Anwendungsschreiben herausgibt, ist die praktische Handhabung des Sachbezugs unklar.

Unklar ist beispielsweise auch, ob es von der Verwaltung beanstandet würde, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zunächst anweist, für den Arbeitgeberbetrieb einen Gutschein zu erwerben, die Auslagen hierfür an den Arbeitnehmer erstattet, sich anschließend den Gutschein vom Arbeitnehmer aushändigen lässt und der Arbeitgeber dann den Gutschein an den Arbeitnehmer als Sachbezug ausgibt.

Klärungsbedürftig ist weiter, für welche Zeitdauer ein Arbeitsverhältnis beendet sein muss oder ein einmal abgesenkter Bruttolohn unverändert bleiben muss, damit aus Sicht der Verwaltung eine von der vorhergehenden Vergütung abweichende nettolohnoptimierte Vergütung vereinbart werden darf.

Verfasser Rechtsanwalt Kirsten Alexander Ritz, lohn-ag.de Rechtsanwaltsgesellschaft mbH