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44-Euro-Sachbezüge: Gutscheine und Geldkarten - Nichtbeanstandungsregel für 2020 und 2021

Seit 2020 geltende Regelung im Überblick

Die Spielregeln für die Gewährung von Sachbezügen, insbesondere Gutscheine und Geldkarten wurden zum 1. Januar 2020 neu aufgestellt. Arbeitgeber dürfen ihren Arbeitnehmern Sachbezüge bis zu einem Gesamtwert von 44,00 € (ab 2022 50,00 €) einschließlich Umsatzsteuer pro Kalendermonat lohnsteuer- und beitragsfrei zuwenden. Wird die Freigrenze überschritten, ist die gesamte Leistung steuer- und beitragspflichtig.

Die Finanzverwaltung hat über ein Jahr nach Inkrafttreten der Änderung in seinem Schreiben vom 13. April 2021 die Regelung erläutert. Unter anderem wurde klargestellt, dass die vom Arbeitgeber getragenen Gebühren für die Aufladung von Gutscheinen und Geldkarten als notwendige Begleiterscheinung keinen zusätzlichen geldwerten Vorteil darstellen.

In einer Nichtbeanstandungsregelung stellt das BMF-Schreiben klar, dass in den Jahren 2020 und 2021 Gutscheine und Geldkarten, die nur zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen, steuerlich auch dann unter die 44-Euro-Freigrenze fallen, wenn sie die Anforderungen des Zahlungsdienstaufsichtsgesetzes (ZAG) noch nicht erfüllen.

 

Gutscheine und Geldkarten

Gutscheine und Geldkarten sind nur dann steuerfrei, wenn sie

  1. zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden,
  2. ausschließlich zum Bezug von Waren und Dienstleistungen berechtigen und
  3. bestimmte Kriterien des Zahlungsdienstaufsichtsgesetzes (§ 2 Abs. 1 Nr 10 ZAG) erfüllen.

 

Echte Zusatzleistungen

Es muss sich um echte Zusatzleistungen handeln. Die Änderung eines Arbeitsvertrages zugunsten eines Sachbezugs wird steuerlich nicht anerkannt.

Zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn werden Leistungen für eine Beschäftigung nur dann erbracht, wenn

1. die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,

2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,

3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und

4. bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.

 

Kein Bargeld, keine Kostenerstattung

Zu den steuer- und beitragspflichtigen Einnahmen in Geld gehören auch

  • zweckgebundene Geldleistungen,
  • nachträgliche Kostenerstattungen,
  • Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten.

Beispielsweise wird es nicht als Sachbezug anerkannt, die eine Tankfüllung als Sachbezug durch nachträgliche Kostenerstattung gegen Vorlage der Quittung zu gewähren. Es mag pragmatisch sein, das vom Arbeitnehmer verauslagte Geld zu erstatten, das Vorgehen wird aber nicht als lohnsteuerbegünstigter Sachbezug anerkannt.

 

Kriterien des ZAG

Gutscheine und Geldkarten sind weiter nur dann steuer- und beitragsfrei, wenn sie

  • ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und
  • die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 des ZAG erfüllen. Gem. BMF-Schreiben vom 13. April.2021 wird die Nichterfüllung der Kriterien des ZAG erst ab 1.1.2022 beanstandet

Beispiele

Das Finanzministerium nennt in seinem Schreiben vom 13.4.2021 Beispiele für Sachbezüge und Beispiele für ZAG-konform begrenzte Gutscheine oder Geldkarten, hieraus: 

 

Beispiele für Sachbezüge

- die Gewährung von Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherungsschutz bei Abschluss einer Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherung und Beitragszahlung durch den Arbeitgeber

- die Gewährung von Unfallversicherungsschutz, soweit bei Abschluss einer freiwilligen Unfallversicherung durch den Arbeitgeber der Arbeitnehmer den Versicherungsanspruch un-mittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen kann, sofern die Beiträge nicht nach § 40b Absatz 3 EStG pauschal besteuert werden. § 37b Absatz 2 EStG ist anwendbar

- die Gewährung von Papier-Essenmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks) und arbeitstäglichen Zuschüssen zu Mahlzeiten (sog. digitale Essenmarken); die Richtlinienregelung des R 8.1 Absatz 7 Nummer 4 LStR 2015 und die Regelungen des BMF-Schreibens vom 18. Januar 2019 (BStBl I Seite 66) bleiben unberührt (§ 8 Absatz 2 Satz 10 EStG)

 Der Arbeitgeber darf auch hier kein Geld an den Arbeitnehmer zahlen.

 

Kein Sachbezug, sondern Geldleistung

im Sinne des § 8 Absatz 1 Satz 1 und 2 EStG ist u.a. ab dem 1. Januar 2022 die Gewährung von Gutscheinen oder Geldkarten, die unter lohn- und einkommensteuerlicher Auslegung die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 ZAG nicht erfüllen:

- Geldsurrogate, wie insbesondere die Gewährung von Geldkarten oder Wertguthabenkarten in Form von Prepaid-Kreditkarten mit überregionaler Akzeptanz ohne Einschränkungen hinsichtlich der Produktpalette, die im Rahmen unabhängiger Systeme des unbaren Zahlungsverkehrs eingesetzt werden können. Allein die Begrenzung der Anwendbarkeit von Gutscheinen oder Geldkarten auf das Inland ist für die Annahme eines Sachbezugs nicht ausreichend.

- die Gewährung von Gutscheinen oder Geldkarten, die nicht ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei dem Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen. Stets als Geldleistung zu behandeln sind daher insbesondere Gutscheine oder Geldkarten, die

  1. über eine Barauszahlungsfunktion verfügen; es ist nicht zu beanstanden, wenn verbleibende Restguthaben bis zu einem Euro ausgezahlt werden können
  2. über eine eigene IBAN verfügen,
  3. für Überweisungen (z. B. PayPal) verwendet werden können,
  4. d) für den Erwerb von Devisen (z. B. Pfund, US-Dollar, Schweizer Franken) verwendet werden können oder
  5. als generelles Zahlungsinstrument hinterlegt werden können.

 

Beispiele für ZAG-konform begrenzte Gutscheine oder Geldkarten

  • den Personennah- und Fernverkehr (z. B. für Fahrberechtigungen, Zugrestaurant, Park & Ride-Parkgelegenheiten) einschließlich bestimmter Mobilitätsdienstleistungen (z. B. die Nutzung von (Elektro-) Fahrrädern, Car-Sharing, E-Scootern),
  • Kraftstoff, Ladestrom etc. („Alles, was das Auto bewegt“),
  • Fitnessleistungen (z. B. für den Besuch der Trainingsstätten und zum Bezug der dort angebotenen Waren oder Dienstleistungen),
  • Streamingdienste für Film und Musik,
  • Zeitungen und Zeitschriften, einschließlich Downloads,
  • Bücher, auch als Hörbücher oder Dateien, einschließlich Downloads,
  • die Behandlung der Person in Form von Hautpflege, Makeup, Frisur und dergleichen (sog. Beautykarten),
  • Bekleidung inkl. Schuhe nebst Accessoires wie z. B. Taschen, Schmuck, Kosmetika, Düfte (sog. Waren, die der Erscheinung einer Person dienen)

 

Gestaltungsfragen aus der Praxis

Das BMF-Schreiben klärt viele Praxisfragen zum Umgang mit Sachbezügen, Geldkarten und Warengutscheinen.

Nicht klar ist weiterhin, ab welchem konkretem Zeitraum zwischen der Lohnabsenkung und der Gewäh-rung des Warengutscheins als Sachbezug, der Vorhalt sicher nicht erhoben wird, der Anspruch auf Lohn sei zugunsten des Sachbezugs verringert worden.

Falls beispielsweise die Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich angehoben und vorher oder nachher ein Tankgutschein gewährt wird, sollte die Sichtweise der Finanzverwaltung zeitnah geklärt werden, um die möglicherwiese erst Jahre später erfolgende Beanstandung in einer Lohnsteueraußenprüfung bzw. Sozialversicherungsprüfung zu vermeiden, der Anspruch auf Arbeitslohn sei zugunsten des Gutscheins herabgesetzt worden.

In diesen Sachverhalten, wie bei anderen Zweifelsfällen, kann zur Klärung beim zuständigen Betrieb-stättenfinanzamt eine kostenfreie Anrufungsauskunft nach § 42e EStG eingeholt werden.

Das vollständige BMF-Schreiben vom 13.4.2021 „Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug; Anwendung der Regelungen des § 8 Absatz 1 Satz 2 und 3 und Absatz 2 Satz 11 zweiter Halbsatz EStG“ kann auf der Seite des Bundesministeriums der Finanzen aufgerufen werden: https://www.bun-desfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Lohnsteuer/2021-04-13-abgrenzung-zwischen-geldleistung-und-sachbezug.html

Verfasser Rechtsanwalt Kirsten Alexander Ritz, lohn-ag.de Rechtsanwaltsgesellschaft mbH