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Steuerbegünstigte Arbeitgeberleistungen - Zusätzlichkeit bei Lohnoptimierung beachten!

Steuerbegünstigte Zusatzleistungen

Steuerbegünstigte Zusatzleistungen zum Arbeitslohn sind in der Sozialversicherung grundsätzlich beitragsfrei. Eine einmal getroffene Vergütungsvereinbarung kann nicht ohne weiteres zugunsten steuerlich günstigerer Gestaltungen abgesenkt werden. Sofern steuerrechtlich eine Leistung nur dann steuerbegünstigt ist, wenn sie „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten" Lohn gezahlt wird, ist eine spätere Entgeltumwandlung steuerschädlich. Steuerlich günstige Lohngestaltungsmöglichkeiten sollten daher idealerweise bereits zu Beginn der Beschäftigung bei Vertragsschluss genutzt werden.

Was heißt das eigentlich „zusätzlich" zum Lohn?

Im Steuerrecht war es nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 01.08.20191 steuerlich im Grundsatz möglich, die vereinbarte Vergütung für künftige Lohnzahlungszeiträume durch eine Vertragsänderung herabzusetzen, um sodann diese Minderung durch steuerbegünstigte Zusatzleistungen, etwa Warengutscheine, auszugleichen.

Die Finanzverwaltung schob dieser steuerlichen Gestaltungsmöglichkeit alsbald einen Riegel vor und legte per Schreiben vom 05.02.2020 im Vorgriff auf die folgende Gesetzesänderung fest, dass nur „echte Zusatzleistungen" des Arbeitgebers steuerbegünstigt sind. Seit 01.01.2021 werden gem. § 8 Abs. 4 EStG im Sinne des Einkommensteuergesetzes Leistungen des Arbeitgebers „für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn

  1. die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
  2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
  3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
  4. bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird."

Durch diese Definition sind steuerlich günstige Gestaltungsmöglichkeiten praktisch auf Neuverträge beschränkt worden. Nachträgliche Veränderungen des vereinbarten Bruttolohns zugunsten von steuerlich günstigeren Gestaltungsmöglichkeiten scheiden damit aus, wenn die steuerbegünstigte Leistung nach einer Regelung im Einkommensteuergesetz „zusätzlich" zum einmal vereinbarten Lohn erbracht werden muss.

Im Sozialversicherungsrecht sind gem. § 1 Abs. 1 Nr 1 SvEV einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die „zusätzlich" zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, dem Arbeitsentgelt grundsätzlich nicht zuzurechnen soweit sie lohnsteuerfrei sind und infolge beitragsfrei in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Das Sozialgesetzbuch enthält keine dem Einkommensteuerrecht entsprechende gesetzliche Definition der Zusätzlichkeit.

Nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 02.03.20102 kommt es bei einer Gehaltsumwandlung allein darauf an, ob sie arbeitsrechtlich wirksam ist:

„Wird statt der bisherigen Vergütung arbeitsrechtlich wirksam die Zahlung eines reduzierten Barlohns sowie die Gewährung eines Sachbezugs vereinbart, so sind entsprechend der vereinbarten Gehaltsumwandlung Gesamtsozialversicherungsbeiträge lediglich hieraus zu erheben, auch wenn die Vereinbarung mündlich getroffen wurde."(Leitsatz).

Im Einzelfall ist gleichwohl Vorsicht bei der Änderung bestehender Vereinbarungen geboten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 23.02.20213 werden Einnahmen nicht zusätzlich gewährt, die als Gegenleistung für die Arbeitsleistung Bestandteil des Vergütungsanspruchs sind. Treten die anderen Leistungen an die Stelle des bisherigen Arbeitsentgelts, sind sie betragspflichtig. Es darf bei einer Entgeltumwandlung nicht der Eindruck entstehen, dass es sich bei den anderen Leistungen um „Surrogate für den Bruttolohnverzicht" handelt. Die Vor- und Nachteilseinräumung durch den Entgeltverzicht dürfen keine einheitliche Vereinbarung bilden. Auch dürfen die Gehaltsabrechnungen das frühere Gehalt, den Gehaltsverzicht und die neuen Gehaltsanteile nicht zusammen ausweisen, da andernfalls begrifflich eine "zusätzlich" gewährte Einnahme ausscheidet.4

Werden die „Spielregeln" nicht eingehalten, sind die Leistungen nicht steuerbegünstigt und infolge nicht beitragsfrei.

Anforderungen an den beitragsrechtlich wirksamen Verzicht auf Arbeitsentgelt

Nach Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung in summa summarum 3/2021 liegt ein beitragsrechtlich zu beachtender Entgeltverzicht vor, wenn folgende Anforderungen erfüllt sind:

„Sofern Leistungen des Arbeitgebers

  • steuerfrei oder pauschalversteuerungsfähig sind,
  • zusätzlich (im Sinne des Steuerrechts [...]) gezahlt werden und
  • steuerlich entsprechend abgerechnet werden

sind sie auch beitragsfrei in der Sozialversicherung.

Sofern nur das Beitragsrecht, nicht aber das Steuerrecht, eine zusätzliche Zahlung zu Löhnen und Gehältern verlangt, führt ein Entgeltverzicht im Sinne der Rechtsprechung des BSG zur Beitragsfreiheit, wenn

  • der Entgeltverzicht ernsthaft gewollt und
  • nicht nur vorübergehend und
  • auf künftig fällig werdende Arbeitsentgeltbestandteile gerichtet und
  • arbeitsrechtlich zulässig ist.

Ein nur vorübergehender Entgeltverzicht liegt vor, wenn dieser von vornherein zeitlich befristet ist oder sich das Entgelt bei Änderungen in den Verhältnissen automatisch wieder auf den Betrag vor dem Verzicht erhöht.

Arbeitsrechtlich zulässig ist ein Entgeltverzicht, wenn die arbeitsrechtlichen Regelungen (Gesetz, Tarifvertrag, Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung) dem nicht entgegenstehen. Hierzu gehört auch, dass ein Entgeltverzicht der Schriftform bedarf, soweit dies die arbeitsrechtlichen Regelungen vorsehen."

Welche steuerbegünstigten Leistungen gibt es?

Gruppe 1 Leistungen mit steuerlichem Zusätzlichkeitserfordernis 

! Gehaltsumwandlung nicht steuerbegünstigt

Als Arbeitgeberleistungen mit steuerlichem Zusätzlichkeitserfordernis nennt die Deutsche Rentenversicherung in summa summarum 3/2021:

Steuerfreie Einnahmen (§ 3 EStG)

  • Corona-Beihilfen (§ 3 Nr. 11a EStG)
  • Job-Ticket (§ 3 Nr. 15 EStG) o Kindergartenzuschüsse (§ 3 Nr. 33 EStG) 
  • Gesundheitsmaßnahmen (§ 3 Nr. 34 EStG) 
  • Familienservice und Kindernotbetreuung (§ 3 Nr. 34a EStG)
  • Überlassung eines Betriebsfahrrades (§ 3 Nr. 37 EStG) 
  • Aufladen von Elektrofahrzeugen im Betrieb des Arbeitgebers (§ 3 Nr. 46 EStG) 

Pauschalversteuerte Einnahmen (§ 40 Abs. 2 EStG) 

  • Mahlzeitengestellung (§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG) 
  • Übereignung von Datenverarbeitungsgeräten und Zubehör (§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 EStG) 
  • Übereignung einer Ladevorrichtung für Hybrid-/Elektrofahrzeuge (§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 EStG) 
  • Übereignung betrieblicher Fahrräder (§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG) 
  • Fahrkostenzuschüsse (§ 40 Abs. 2 S. 2 Nr. 1b EStG, anstelle eines Job-Tickets § 3 Nr. 15 EStG) 

Sachzuwendungen bis zu monatlich 44 Euro (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG)

Förderung betriebliche Altersversorgung Geringverdiener (§ 100 Abs. 3 Nr. 2 EStG) 

Hinweis: Die Leistung muss zur bestehenden Vergütung hinzukommen. Aufgrund des steuerrechtlichen Zusätzlichkeitserfordernisses, kommt eine Entgeltumwandlung nicht in Betracht. 

Gruppe 2 Leistungen ohne steuerliches Zusätzlichkeitserfordernis 

! Gehaltsumwandlung grundsätzlich möglich5

Als steuerfreie Leistungen des Arbeitgebers, die nur im Beitragsrecht der Sozialversicherung eine zusätzliche Zahlung zu Löhnen und Gehältern nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung, erfordern, nennt die Deutsche Rentenversicherung in summa summarum 3/2021: 

  • Werkzeuggeld (§ 3 Nr. 30 EStG) o Überlassung von Berufskleidung (§ 3 Nr. 31 EStG) 
  • Sammelbeförderung (§ 3 Nr. 32 EStG) o Mitarbeiterbeteiligungen (§ 3 Nr. 39 EStG) 
  • private Nutzung betrieblicher Datenverarbeitungs- und 
  • Telekommunikationsgeräte sowie Zubehör und Software (§ 3 Nr. 45 EStG) 
  • durchlaufende Gelder und Auslagenersatz (§ 3 Nr. 50 EStG) o Kaufkraftausgleich für Auslandseinsätze (§ 3 Nr. 64 EStG) 
  • Beiträge zur umlagefinanzierten betrieblichen Altersversorgung nach § 3 Nr. 56 EStG bzw. § 40b EStG 

In diesen Fällen kommt es, so die Deutsch Rentenversicherung, allein auf das sozialversicherungsrechtliche Zusätzlichkeitserfordernis und damit auf die Wirksamkeit des Entgeltverzichts an.

Hinweis: Ob ein Entgeltverzicht zugunsten einer Entgeltumwandlung arbeitsrechtlich wirksam möglich ist, bedarf der Prüfung des konkreten Einzelfalles (Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, Gesetz). Vorsicht ist geboten, wenn Sachleistungen im Rahmen des vereinbarten Bruttolohnverzichts ein Surrogat für den ursprünglichen Bruttolohn bilden. Einnahmen werden nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts jedenfalls dann nicht zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gewährt, die als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung Bestandteil des Vergütungsanspruchs sind.6

Verfasser RA Kirsten Alexander Ritz, lohn-ag.de Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, 01.09.2021

1 Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.08.2019 - VI R 32/18 BStBl 2020 II S. 106
2 Bundessozialgericht, Urteil vom 02.03.2010 - B 12 R 5/09 R
3 Bundessozialgericht, Urteil vom 23.02.2021 – B 12 R 21/18 R
4 vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 23.02.2021 – B 12 R 21/18 R
5 Gemäß Deutsche Rentenversicherung, summa summarum 3/2021, „Das Zusätzlichkeitserfordernis im Lohnsteuerrecht und im Beitragsrecht der Sozialversicherung"
6 Bundessozialgericht, Urteil vom 23.02.2021 - B 12 R 21/18 R


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