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Wichtige Regeln aus dem Arbeitszeitgesetz

1. Anwendungsbereich

Das Arbeitszeitgesetz regelt nicht ob und wie Arbeitszeit zu vergüten ist. Das Arbeitszeitgesetz hat unter anderem den Zweck die Sicherheit und den Gesundheitsschutz zu gewährleisten sowie den Sonntag und die staatlichen Feiertage als Tage der „seelischen Erhebung" zu schützen.

Das Arbeitszeitgesetz gilt nicht für alle Arbeitnehmer. So gilt es u.a. nicht für leitende Angestellte im Sinne des § 5 Absatz 3 Betriebsverfassungsgesetz sowie Chefärzte.

Für die Beschäftigung von Personen unter 18 Jahren gilt anstelle des Arbeitszeitgesetzes das Jugendarbeitsschutzgesetz.

2. Höchstarbeitszeit - 10 Stunden am Tag, 48 Stunden pro Woche

Regelarbeitszeit: 8 Stunden netto im Durchschnitt / 48 Stunden pro Woche
Höchstarbeitszeit: 10 Stunden netto. Ausnahmen mit Zustimmung der Behörde möglich.
Wochenarbeitstage: 6 Werktage pro Woche (Montag bis Samstag außer Feiertage)
Wochenarbeitszeit: 60 Stunden. Sofern Sonn-/ Feiertagsarbeit zulässig 70 Stunden
Ausgleichszeitraum: 48-Wochenstunden im Schnitt von 24 Wochen oder 6 Kalendermonate. Urlaub / freie Feiertage zählen nicht als Ausgleichstage1. In Tarifverträge Ausgleich bis 12 Monate möglich.
Mehrere Arbeitgeber: Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Führt der Abschluss des zweiten Arbeitsvertrages zu einem Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz ist der zuletzt Abgeschlossene grundsätzlich nichtig2.

3. Bereitschaft

Bereitschaftsdienst: Arbeitgeber bestimmt Aufenthaltsort innerhalb oder außerhalb des Betriebes. Arbeitnehmer muss bei Bedarf sofort tätig werden. Bereitschaftsdienst ist vergütungspflichtige Arbeitszeit3
Für Bereitschaftszeit ist zumindest der gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten. Der Mindestlohn ist erfüllt, wenn die für einen Kalendermonat gezahlte Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Multiplikation der Anzahl der in diesem Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mit dem aktuellen Mindestlohn ergibt4
Rufbereitschaft: Arbeitnehmer wählt Aufenthaltsort frei. Grundsätzlich keine Arbeitszeit, es sei denn die Möglichkeit die Freizeit zu gestalten ist ganz erheblich eingeschränkt5.

4. Pause - spätestens nach 6 Stunden

Pause: vollständige Freistellung von jeder Arbeit, auch von der Rufbereitschaft. Pause muss vorher feststehen. Festlegung eines zeitlichen Rahmens innerhalb dessen die Arbeit zu unterbrechen ist, genügt für Festlegung.
Dauer: bis 6 Stunden: keine gesetzliche Pause
ab 6 bis 9 Stunden Arbeit: 30 Minuten Pause
mehr als 9 Stunden Arbeit: 45 Minuten Pause
Pausenblöcke: Aufteilung in Blöcke zu 15 Minuten möglich. Unterbrechung kürzer als 15 Minuten ist gesetzlich keine Pause. Tarifvertrag kann Kurzpausen zulassen.

5. Ruhezeit - 11 Stunden Ruhe bis zum nächsten Einsatz

Ununterbrochene Ruhe: Nach Arbeitsende müssen Arbeitnehmer 11 Stunden „ununterbrochene" Ruhezeit haben
Verkürzung der Ruhezeit: Verkürzung auf 10 Stunden u.a. in Gastronomie und Hotellerie, falls Ausgleich auf 11 Stunden innerhalb 1 Kalendermonats oder 4 Wochen durch Verlängerung anderer Ruhezeit auf je 12 Stunden. In Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen können Kürzungen der Ruhezeit durch Inanspruchnahmen während der Rufbereitschaft, die nicht mehr als die Hälfte der Ruhezeit betragen, zu anderen Zeiten ausgeglichen werden.
Einsatz in Rufbereitschaft: Mit Einsatzende beginnt erneute Ruhezeit von grundsätzlich 11 Stunden; in Krankenhäusern, Pflege- und Betreuung ist eine Kürzung möglich

6. Sonn- und Feiertage

Sonn- und Feiertage: grundsätzliches Arbeitsverbot. Ausnahmen: Schichtarbeit, Nachtarbeit; ferner Gastronomie, Pflege, Notdienste, etc., sofern die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können. Behördliche Ausnahmen möglich.
Schichtbetrieb: Vor- und Zurückverlegung der individuellen Sonntags- und Feiertagsruhe um bis zu 6 Stunden (Kraftfahrer 2 Stunden) zulässig, falls Betrieb nach Beginn der Ruhezeit für 24 Stunden ruht
Arbeitsverbot: Arbeit an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen grundsätzlich unzulässig
Ausnahmen für Gastronomie und Hotellerie, Pflege, Notdienste, Bewachungsgewerbe u.v.a., sofern die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können.
15 freie Sonntage: auch bei Ausnahmen vom Sonntagsarbeitsverbot müssen 15 Sonntage beschäftigungsfrei sein. Kürzung auf 10 freie Sonntage tarifvertraglich möglich
Ersatzruhetag: Für Sonntagsarbeit ist binnen 2 Wochen, ein ganzer Ersatzruhetag zu gewähren.
Für Feiertagsarbeit (Feiertag fällt auf Werktag) ist binnen 8 Wochen ein ganzer Ersatzruhetag zu gewähren.
Der Ersatzruhetag kann auch ein ohnehin freier Werktag sein6.
Tarifverträge können Ausgleichspflicht abweichend regeln.

7. Nachtarbeit und Nachtarbeitnehmer

Nachtarbeit: Jede Arbeit, die mehr als 2 Stunden während der Nachtzeit (23 bis 6 Uhr – Bäckereien und Konditoreien 22 bis 5 Uhr) ausgeübt wird.
Regelarbeitszeit: 8 Stunden.
Ausgleichszeitraum: Bei Verlängerung auf 10 Stunden darf innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen Durchschnitt von acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.
Nachtarbeitnehmer Arbeitnehmer, die auf Grund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten haben oder Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten.
Soweit tarifvertraglich kein Ausgleich geregelt, hat der Arbeitgeber (nach freier Wahl des Arbeitgebers) Nachtarbeitnehmern für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. 25% gelten regelmäßig angemessen, bei Dauernachtschicht 30%7.

8. Aufzeichnungspflichten

Aufzeichnung ab 8 Stunden: Nach dem Arbeitszeitgesetz ist die über die werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden hinausgehende Arbeitszeit aufzuzeichnen8. Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen ist vollständig aufzuzeichnen.
Minijobber aller Branchen: Bei Minijobbern ist die Arbeitszeit (Beginn, Ende, Dauer) innerhalb von 7 Tagen vollständig aufzuzeichnen9.
Bestimmte Branchen: Nach dem Mindestlohngesetz sind die in § 2a Schwarzarbeitsgesetz genann-ten Branchen verpflichtet, die gesamte Arbeitszeit (Beginn, Ende, Dauer) aufzeichnen. Die Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung regelt zahlreiche Ausnahmen.
Aufbewahrung: Die Aufzeichnungen sind 2 Jahre aufzubewahren.

9. Notfälle und außergewöhnliche Fälle

Bei vorübergehenden Arbeiten darf in Notfällen und in außergewöhnlichen Fällen, die unabhängig vom Willen der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind, besonders, wenn Rohstoffe oder Lebensmittel zu verderben oder Arbeitsergebnisse zu misslingen drohen von den gesetzlichen Vorgaben abgewichen werden.

Dies gilt unter anderem auch dann, wenn eine verhältnismäßig geringe Zahl von Arbeitnehmern vorübergehend mit Arbeiten beschäftigt wird, deren Nichterledigung das Ergebnis der Arbeiten gefährden oder einen unverhältnismäßigen Schaden zur Folge haben würden, wenn dem Arbeitgeber andere Vorkehrungen nicht zugemutet werden können. Auch in diesen besonderen Fällen darf die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen nicht überschreiten10.

10. Bußkatalog

Der Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz kann als Ordnungswidrigkeit mit bis zu fünfzehntausend Euro Geldbuße geahndet werden. Je nach Sachverhalt kann es sich bei Verstößen um Straftaten handeln, etwa bei einer Gesundheitsgefährdung oder beharrlicher Wiederholung.

Der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik LASI hat einen Bußgeldkatalog unter anderem zum Arbeitszeit und Jugendarbeitsschutz und zum Mutterschutzrecht veröffentlicht. Der Katalog kann auf der Seite www.lasi-info.com unter LASI-Veröffentlichungen abgerufen werden.


1 Bundesverwaltungsgericht, 09.05.2018 - Az. 8 C 13.17
2 Landesarbeitsgreicht Nürnberg, 19.05.2020, 7 Sa 11/19
3 Landesarbeitsgreicht Nürnberg, 19.05.2020, 7 Sa 11/19
4 Vgl. BAG, 29.06.2016, Az. 5 AZR 716/15
5 Bundesarbeitsgericht, 27.07.2021 - 9 AZR 448/20
6 Bundesarbeitsgericht, 23.03.2006, Az. 6 AZR 497/05
7 Bundesarbeitsgericht, 09.12.2015, Az. 10 AZR 423/14
8 Vgl. § 16 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz
9 Vgl. § 17 Abs. 1 Mindestlohngesetz
10 Vgl. im Einzelnen § 14 Arbeitszeitgesetz


Verfasser RA Kirsten Alexander Ritz, lohn-ag.de Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, 20.01.2022