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Inflationsausgleichsprämie - bis 3.000 € steuerfrei
Fallstricke beachten

Zuschüsse und Sachbezüge, die Arbeitgeber in der Zeit vom 26. Oktober 2022 bis 31. Dezember 2024 zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise leisten, sind bis zu einem Betrag von 3.000 Euro lohnsteuerfrei1.

Was heißt das eigentlich „zusätzlich" und welche Fallstricke gibt es?

Das Bundesministerium für Finanzen hat bis dato - 28.11.2022 - noch keinen FAQ-Katalog veröffentlicht.
Wir haben einige Fragen aus der Praxis zusammengestellt und teilen Ihnen gerne unsere derzeitige Einschätzung mit.


1. Muss ich die Inflationsausgleichsprämie zahlen?

Nein, eine gesetzliche Verpflichtung besteht nicht.


2. Was für Leistungen sind begünstigt?

Geldleistungen und Sachbezüge. Im Prinzip also jede beliebige Leistung mit Geldwert, dabei ist es gleich ob es sich um Bargeld, Waren oder Dienstleistungen handelt.


3. Fallen Sozialversicherungsbeiträge an?

Nein, die Inflationsausgleichszahlung ist lohnsteuerfrei und somit auch beitragsfrei.


4. Wem darf ich die Inflationsausgleichsprämie zahlen?

Die Zahlung / Leistung setzt lediglich ein Anstellungsverhältnis voraus. Die Zahlung ist nicht an eine bestimmte Beschäftigungsform gebunden.


5. Sind Teilbeträge möglich oder muss ich die Summe voll ausschöpfen?

Die Inflationsausgleichszahlung darf als Einmalzahlung oder in Teilbeträgen gezahlt werden. Die Zahlungen sind bis zum Erreichen des Gesamtwertes von 3.000 € steuer- und beitragsfrei. Der Freibetrag von 3.000 € muss nicht ausgeschöpft werden.


6. Dürfen angestellte Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen diese Leistungen erhalten?

Sofern die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer nicht an der Gesellschaft beteiligt ist, im Prinzip ja. Ist die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer an der Gesellschaft beteiligt, ist Vorsicht geboten. Personengesellschaften (z.B. GBR, OHG, KG) können ihren Gesellschafter-Geschäftsführern die Inflationsausgleichsprämie nicht einkommensteuerfrei zahlen, da es sich bei Vergütungen, die die Gesellschafterin oder der Gesellschafter von der Gesellschaft für ihre oder seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft bezieht, um Einnahmen aus Gewerbebetrieb handelt. Bei am Unternehmen beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführerinnen von Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH), besteht die Gefahr einer verdeckten Gewinnausschüttung. Halten Sie in diesen Fällen vorsorglich mit Ihrer Steuerberaterin oder Ihrem Steuerberater Rücksprache.


7. Muss ich die Leistung besonders bezeichnen?

Eine besondere Bezeichnung ist nicht vorgeschrieben. Bei der Gewährung der Prämie ist jedoch klarzustellen, dass diese im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht, zum Beispiel durch entsprechenden Hinweis auf der Lohnabrechnung.


8. Muss ich allen den gleichen Betrag zahlen?

Nein, steuerlich nicht. Die Steuerfreiheit hängt nicht davon ab, dass die Zahlung an alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gleichermaßen erfolgt.

Allerdings ist aus arbeitsrechtlicher Sicht der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Eine teilzeitbeschäftigte Kraft darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als eine vergleichbare vollzeitbeschäftigte Kraft, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz sind Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität untersagt, sofern nicht ein sachlicher Grund vorliegt.

Das wirtschaftliche Interesse, nur die Mitarbeiter zu begünstigen, die dem Betrieb treu bleiben, liegt auf der Hand. Nicht sicher auszuschließen ist, dass die Zahlung ihren steuerlichen Charakter als Prämie zum Ausgleich von Preissteigerungen verliert, wenn die Zahlung oder das Behalten-Dürfen davon abhängig gemacht wird, dass der Arbeitsvertrag nicht gekündigt ist oder bis zu einem bestimmten Datum nicht gekündigt wird. Bei Vereinbarung einer Stichtagsregelung steht zu befürchten, dass die Steuerfreiheit der Zahlung nicht anerkannt wird, sondern die Zahlung als steuer- und beitragspflichtige Halteprämie gewertet wird, die nicht der Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise dient, sondern überwiegend die Betriebstreue honoriert.


9. Was muss ich bei der „Zusätzlichkeit" beachten?

Hier ist Vorsicht geboten! Es muss eine echte Zusatzleistung sein!

Eine Leistung wird im Sinne des Einkommensteuerrechts wird nur dann „zusätzlich" zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn

  1. die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
  2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
  3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
  4. bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht

wird2.


10. Welche Leistungen wären beispielweise in Ordnung?
  1. Sie gewähren Ihren Arbeitnehmerinnen einmalig eine Inflationsausgleichsprämie zusätzlich zum Gehalt. Sie rechnen die Zahlung weder auf den Anspruch auf Arbeitslohn an, noch vereinbaren Sie einen Gehaltsverzicht und gewähren die Prämie nicht anstelle einer vereinbarten Lohnerhöhung.
  2. Sie zahlen Ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den Jahren 2022, 2023 und 2024 eine Inflationsausgleichzahlung in gleicher Höhe jeweils im Dezember. Ein Anspruch auf eine Sonderzahlung bestand bislang nicht, so dass eine steuerschädliche Entgeltumwandlung nicht vorliegen kann.
    Die Zahlung wäre steuerlich in Ordnung. Zur Vermeidung einer arbeitsrechtlichen betrieblichen Übung auf die Sonderzahlung sollte bei der Zahlung darauf hingewiesen werden, dass es sich um eine freiwillige Zahlung handelt und auch im Wiederholungsfalle für die Zukunft kein Anspruch auf künftige Zahlungen erworben wird.

11. Welche Leistungen wären beispielsweise nicht in Ordnung?
  1. Sie gewähren Ihren Angestellten zum Beispiel Essensgutscheine als Sachbezugsleistung. Würden Sie diese Leistungen nun auf den Anspruch auf die Essensgutscheine anrechnen, wären diese als steuerfreie Inflationsausgleichszahlungen umdeklarierten Essensgutscheine nicht steuerfrei. Ebenso steuer- und beitragsschädlich wäre es, den Lohn kurzerhand um die Inflationsausgleichszahlung zu kürzen.
  2. Sie vereinbaren mit Ihrem Angestellten, dass dieser statt des (tarif-)vertraglich oder aufgrund betrieblicher Übung geschuldeten Weihnachtsgeldes eine Inflationsausgleichsprämie erhält. Der Verzicht wäre steuerlich unbeachtlich. Das als Inflationsausgleichsprämie getarnte Weihnachtsgeld wäre nicht steuerfrei, da zugunsten der Prämie auf das Weihnachtsgeld verzichtet wurde.
    Steuerlich schädlich wäre auch der Verzicht auf Auszahlung oder Ausgleich von Überstunden. Die als Inflationsausgleichsprämie getarnte Überstundevergütung wäre nicht steuerfrei.
  3. Sie zahlen Ihrer Arbeitnehmerin anstelle einer bereits vereinbarten Lohnerhöhung eine Inflationsausgleichszahlung. Die Prämie wäre nicht steuerfrei und damit beitragspflichtig. Ein Verzicht auf die bereits vereinbarte Lohnerhöhung wäre ebenfalls steuerschädlich.
  4. Sie zahlen die Inflationsausgleichsprämie jeden Monat in gleichen Teilen zu beispielsweise 200 € und erhöhen anschließend die Vergütung, um den Wegfall der Zahlung zu kompensieren. Die Prämie darf zwar in Teilbeträgen gezahlt werden, wäre in diesem Beispiel aber nicht steuerfrei, da bei Wegfall der Leistung der Lohn erhöht wird.

Unklar ist derzeit noch, wie groß der zeitliche Abstand zwischen der letzten Prämienzahlung und der anschließenden Vereinbarung der Lohnerhöhung haben muss, damit aus der Sicht der Finanzverwaltung der Arbeitslohn nicht „bei" Wegfall der Leistung erhöht wurde.


12. Ist die Inflationsausgleichszahlung pfändbar?

Die Ausgleichszahlung soll den Zweck verfolgen, die Inflation auszugleichen. Eine zweckentsprechende Verwendung muss aber nicht nachgewiesen werden. Die Leistung darf beliebig verwendet werden. Nach derzeitigem Stand ist von der Pfändbarkeit der Inflationsausgleichszahlung auszugehen. Eine gerichtliche Klärung ist soweit ersichtlich bislang jedoch noch nicht erfolgt.


13. Sind Aufzeichnungspflichten zu beachten?

Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen. Die Inflationsausgleichszahlung unterliegt nicht dem Progressionsvorbehalt. Auf der Lohnsteuerbescheinigung erscheint sie daher nicht.

Hinweis
Die Information kann und soll eine individuelle Beratung nicht ersetzen. Für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit der Angaben kann trotz sorgfältiger Prüfung keine Gewähr übernommen werden.

Verfasser
RA Kirsten Alexander Ritz, lohn-ag.de Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, im Haus der lohn-ag.de AG, Flugstraße 15, 76532 Baden-Baden, 28.11.2022

 

1Regelung in § 3 Nr. 11c EStG
2Regelung in § 8 Absatz 4 EStG