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Urlaub verfällt nicht – zumindest nicht einfach so

Der gesetzliche Urlaubsanspruch verfällt nach dem Bundesurlaubsgesetz, wenn er nicht im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen wird. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr, ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden, so das Bundesurlaubsgesetz1 weiter.

Bei richtlinienkonformer Auslegung des Bundesurlaubsgesetzes verfällt der Urlaub allerdings nur noch, wenn der Arbeitgeber seine Mitwirkungspflichten beachtet hat.

Einige wichtige Punkte, dies Sie kennen sollten, haben wir für Sie zusammengefasst.

Arbeitgeber haben Hinweis- und Aufforderungspflichten

Nach der Rechtsprechung des EuGH2 erlischt der Urlaubsanspruch am Jahresende in der Regel nur, wenn der Arbeitgeber seinen Hinweis- und Aufforderungspflichten nachgekommen ist.

Hierzu ist klar und rechtzeitig vor Jahresende oder bei Übertragung des Anspruchs vor Ende des Übertagungszeitraums mit dem Hinweis auf den drohenden Verfall über den Resturlaub zu informieren und die Möglichkeit zu geben, den Urlaub zu nehmen.

Nimmt der Arbeitnehmer den Urlaub trotz des Hinweises nicht in Anspruch, verfällt der Anspruch.

Aus Nachweisgründen sollte der Hinweis zumindest in Textform erfolgen und bei den Personalunterlagen aufbewahrt werden. Dieser Vorgang ist jährlich zu wiederholen.

Ein Hinweis im Arbeitsvertrag auf den Urlaubsanspruch und dessen möglichen Verfall genügt nicht!

Urlaub bei Langzeiterkrankung

Ist ein Arbeitnehmer langzeiterkrankt, verfällt der während der durchgehenden Krankheit erworbene Urlaub 15 Monate nach Ende des betreffenden Urlaubskalenderjahres.

Der während einer ganzjährigen dauerhaften Erkrankung erworbene Urlaubsanspruch geht auch dann unter, wenn der Arbeitgeber seine Mitwirkungspflicht nicht beachtet hat.

Trat die dauerhafte Arbeitsunfähigkeit allerdings erst im Laufe des Kalenderjahres ein, kommt ein Verfall für das Jahr, in dem noch gearbeitet wurde, nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber seinen Hinweis- und Aufforderungspflichten rechtzeitig nachgekommen ist.3

Verjährung beginnt erst nach Erfüllen der Hinweispflicht

Wurden die Mitwirkungspflichten nicht beachtet, schützt selbst die gesetzliche Verjährung nicht. Die gesetzliche Regelverjährungsfrist von 3 Jahren beginnt erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer seinen Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.4 Für den tarifvertraglichen wie auch für den arbeitsvertraglichen Zusatzurlaub können eigenständige Regelungen gelten!

Urlaub ist erblich Endet der Arbeitsvertrag durch den Tod, kann der Arbeitnehmer den Urlaub nicht mehr nehmen. Der mit dem Tod entstandene Anspruch auf finanzielle Abgeltung des Urlaubs geht als Vermögensbestandteil auf die Erben über.5

Urlaubsabgeltung

Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung entsteht mit der Beendigung des Arbeitsvertrags. Der Abgeltungsanspruch kann als reiner Geldanspruch Ausschlussfristen unterliegen.6

Tipp

Der rechtskonforme Hinweis auf den bestehenden Urlaubsanspruch ist von großer praktischer Bedeutung.

Um das Ansammeln von Urlaubsansprüchen zu vermeiden, sollten Sie Ihre Arbeitnehmer zu Jahresbeginn über die jeweils bestehende Höhe des Urlaubsanspruchs informieren und auffordern, die Urlaubsplanung für das laufende Jahr mitzuteilen, damit der Urlaub gewährt werden kann. Weisen Sie bereits hierbei darauf hin, dass der Anspruch am Jahresende bzw. am Ende des Übertragungszeitraums erlischt, wenn der Urlaub nicht genommen wird. Sollte es aus dringenden betrieblichen Belangen oder Urlaubswünschen anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, nicht möglich sein, den Urlaub zu den arbeitnehmerseitig gewünschten Terminen zu gewähren, sollte als Alternativvorschlag ein Zeitraum mitgeteilt werden, in welchem der Urlaub genommen werden kann, sofern der Arbeitnehmer nicht einen geeigneten Ausweichtermin mitteilt. Weisen Sie rein vorsorglich nochmals darauf hin, dass der Urlaub verfällt, wenn er trotz der betrieblich mitgeteilten Möglichkeit, nicht genommen wird.

Die mitgeteilte Einschätzung kann und will eine individuelle Beratung selbstverständlich nicht ersetzen.

Verfasser

Rechtsanwalt Kirsten Alexander Ritz
lohn-ag.de Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
im Haus der lohn-ag.de AG, Flugstraße 15, 76532 Baden-Baden

 

1 § 7 (3) BurlG
2 vgl. EuGH 6.11.2018, C-619/16 und C-684/16
3 vgl. EuGH, 22.09.2022, C-120/21, Rd. 55; BAG 20.12.2022 – 9 AZR 245/19
4 vgl. EuGH 22.09.2022 - C-120/21; BAG 20.12.2022 – 9 AZR 266/20
5 vgl. EuGH 6.11.2018, C-569/16, C-570/16; BAG 22.01.2019, Az. 9 AZR 45/19
6 BAG 27.10.2020 – 9 AZR 531/19