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Lohnsteuerliche Abrechnung von Verdienstausfallentschädigungen wegen Quarantäne und Kinderbetreuung nach § 56 Infektionsschutzgesetz

BMF-Schreiben vom 25.01.2023: Nichtbeanstandung von Differenzbeträgen bis 200 € je Quarantänefall

 

Während der Corona-Pandemie mussten sich viele Arbeitnehmende als Ansteckungsverdächtige vorsorglich in Quarantäne begeben ohne selbst erkrankt zu sein. Das Infektionsschutzgesetz gewährt den Betroffenen für diese Zeit Anspruch auf eine Verdienstausgleichsentschädigung für eine Dauer von 6 Wochen im gesamten Arbeitsverhältnis. Die Entschädigung ist lohnsteuerfrei, unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt. Arbeitgeber müssen die Entschädigung für die Behörde vorstrecken und erhalten die Beträge auf Antrag nach Prüfung erstattet. Da die Erstattungsbehörde laut BMF oftmals zu dem Ergebnis kommt, dass die Entschädigung falsch berechnet wird, hat sich das BMF mit der Korrektur des Lohnsteuerabzugs befasst und in seinem Schreiben vom 25.1.20231 eine Vereinfachungsregelung für die Praxis veröffentlicht.

I. Korrektur des Lohnsteuerabzugs

Wurde eine zu hohe Entschädigung gezahlt, muss der Arbeitgeber die Steuer von der nächsten Lohnzahlung einbehalten und an das Finanzamt abführen. Wurde viel Lohnsteuer einbehalten, ist die Lohnsteuer mit der nächsten Lohnzahlung zu erstatten2.


II. Was tun, wenn der Lohnsteuerabzug nicht mehr geändert werden darf?

Wurde die Lohnsteuerbescheinigung bereits übermittelt bzw. ausgestellt, ist eine Änderung des Lohnsteuerabzugs nicht mehr zulässig3. Von der Berechnung des Arbeitgebers abweichende Berechnungen der Entschädigungsbehörde rechtfertigen keine Änderung der Lohnsteuerbescheinigung, da es sich insoweit nicht um die (zulässige) bloße Korrektur eines zunächst unrichtig übermittelten Datensatzes handelt.


1. Arbeitgeber führt zu viel Lohnsteuer ab

Zahlt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer die Entschädigung lohnsteuerpflichtig und erhält der Arbeitgeber später von der Entschädigungsbehörde eine Erstattung, so liegt insoweit eine unzutreffende Lohnversteuerung zu Lasten des Arbeitnehmers vor, da die Verdienstausfallentschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz steuerfrei ist4. Der Arbeitnehmer kann seinen Anspruch auf Erstattung der vom Arbeitgeber zu Unrecht einbehaltenen Lohnsteuer nur im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung geltend machen5.


2. Arbeitgeber führt zu wenig Lohnsteuer ab

Zahlt der Arbeitgeber die Entschädigung nach dem IfSG steuerfrei und wird von der Erstattungsbehörde später ein niedrigerer Betrag erstattet als beantragt, ist nur der bewilligte Betrag steuerfrei. Der Differenzbetrag ist lohnsteuerpflichtig.

a) Arbeitgeber fordert zu viel gezahlte Entschädigung zurück
Fordert der Arbeitgeber zu viel gezahlte Verdienstausfallentschädigung vom Arbeitnehmer zurück, mindert der Rückforderungsbetrag im Jahr der Rückzahlung die für das Kalenderjahr zu bescheinigenden Leistungen (Eintrag Nr. 15 auf der Lohnsteuerbescheinigung). Übersteigt der Rückforderungsbetrag im Jahr der Rückzahlung die dort zu bescheinigenden Leistungen, ist der übersteigende Betrag mit einem Minuszeichen zu versehen.

b) Arbeitgeber fordert zu viel gezahlte Entschädigung nicht zurück

  1. Alternative Steuerbefreiung prüfen!
    Verzichtet der Arbeitgeber auf die Rückforderung einer an den Arbeitnehmer zu viel gezahlten Verdienstausfallentschädigung, weil er beispielsweise aus tariflichen oder anderen innerbetrieblichen Gründen (wie Erhaltung des Betriebsfriedens) daran gehindert ist, kann nach dem BMF-Schreiben eine alternative Steuerbefreiung des überzahlten Betrages zur Anwendung kommen als:
    - Corona-Prämie allgemein: 1500 €, Zufluss 01.03.20 bis 31.03.22, § 3 Nr. 11a EStG
    - Corona-Prämie Heil- u. Pflegeberufe: 4500 €, Zufluss 18.11.21 bis 31.12.22, § 3 Nr. 11b EStG
    - Inflationsausgleichszahlung § 3 Nr. 11c EStG, 3000 €, Zufluss 26.10.22 bis 31.12.24

  2. Keine alternative Steuerbefreiung?
    Grundsatz Meldung machen: Anzeigepflicht gem. § 41c Abs. 4 EStG
    Kommt eine alternative Steuerbefreiung nicht in Betracht, so hat der Arbeitgeber den unterbliebenen Lohnsteuerabzug dem Betriebstättenfinanzamt unverzüglich schriftlich anzuzeigen6. Einen Vordruck der Bundesfinanzverwaltung „Anzeige über nicht durchgeführten Lohnsteuerabzug" kann hier http://www.formulare-bfinv.de aufgerufen werden. Gemäß BMF-Schreiben erfolgt eine Richtigstellung per Einkommensteuerveranlagung oder Lohnsteuer-Nachforderung gegenüber dem Arbeitnehmer7.

III. BMF v 25.01.2023 – Nichtbeanstandungsregel:

Keine Anzeigepflicht und keine Haftung bis 200 € pro Quarantänefall

Nach dem BMF-Schreiben vom 25.1.2023 braucht der Arbeitgeber dem Finanzamt keine Anzeige zu erstatten, falls die Differenz zwischen der im Voraus gezahlten Entschädigung und der bewilligten Erstattung pro Quarantänefall maximal 200 € beträgt. Der Betrag bis 200 € darf steuerfrei und somit auch beitragsfrei belassen werden. Der Arbeitgeber haftet insoweit nicht für die nicht einbehaltene Lohnsteuer. Eine Nachforderung der zu wenig erhobenen Lohnsteuer beim Arbeitnehmer erfolgt nicht. Die unzutreffende Steuerfreistellung wird im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nicht korrigiert. Der Betrag unterliegt aber weiterhin dem Progressionsvorbehalt.


Hinweis
Die Information kann und soll eine individuelle Beratung nicht ersetzen. Für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit der Angaben kann trotz sorgfältiger Prüfung keine Gewähr übernommen werden.

Verfasser
RA Kirsten Alexander Ritz, lohn-ag.de Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, im Haus der lohn-ag.de AG, Flugstraße 15, 76532 Baden-Baden, 16.02.2023

 

1 BMF Schreiben vom 25.01.2023
2 § 41c Absatz 1Satz 1 EStG
3 § 41c Absatz 3 Satz 1 EStG; R 41c.1 Absatz 7 LStR; § 93 Abs. 1 Nr 1 AO
4 § 3 Nr 25 EStG
5 Erstattungsantrag gem H 41c.1 LStH
6 § 41c Absatz 4 EStG, R 41c.2 LStR
7 (R 41c.2 Absatz 3 LStR)