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Scheinselbständige haben unverfallbaren Urlaubsanspruch

Wird festgestellt, dass ein vermeintlicher Selbständiger doch nicht gar so selbständiger Unternehmer, sondern Arbeitnehmer war, so hat dieser sämtliche Arbeitnehmerrechte, auch Anspruch auf bezahlten Urlaub.

Nach dem Bundesurlaubsgesetz ist der Urlaub grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr zu nehmen, andernfalls verfällt er. Eine Ausnahme hiervon besteht etwa, falls ein Arbeitnehmer aufgrund langan-dauernder Krankheit daran gehindert ist, den Urlaub zu nehmen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes verfällt der Urlaub im Falle langandauernder Krankheit 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres (BAG, 7.8.2012, 9 AZR 353/10, im Anschluss an EuGH 22.11.2011, C-214/10).

Ist beispielsweise ein Arbeitnehmer seit 2005 arbeitsunfähig erkrankt und endet dessen Arbeitsverhältnis am 28.2.2018, so kann für die Jahre 2010 bis 2015 keine Abgeltung eingefordert werden. Der Anspruch für 2015 ist 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres, also 15 Monate nach Ablauf des 31.12.2016 am 31.3.2017, verfallen. „Lediglich“ für 2016, 2017 und anteilig 2018 kann der Arbeitnehmer die Abgeltung des Urlaubs verlangen.

Bei Scheinselbständigen gilt diese Verfallsfrist nicht!

Wird bei einem Scheinselbständigen festgestellt, dass er Arbeitnehmer ist, kann dieser nicht darauf verwiesen werden, dass er den Urlaubsanspruch verspätet geltend macht.

Der europäische Gerichtshof (EuGH, 29.11.2017, C-214/16) stellte klar, dass anders als im Fall eines Arbeitnehmers, der aus Krankheitsgründen daran gehindert war, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, der Arbeitgeber, der einen scheinselbständigen Arbeitnehmer nicht in die Lage versetzt, sei-nen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub auszuüben, die sich hieraus ergebenden Folgen zu tragen hat. Gerade die Unsicherheit, ob der Urlaub bezahlt würde, sei ein Grund, diesen nicht zu nehmen. Es obliege dem Arbeitgeber, sich umfassend über seine Verpflichtungen im Bereich des bezahlten Jahresurlaubs zu informieren. Im Falle der Scheinselbständigkeit bestehe keine Notwendigkeit den Arbeitgeber zu schützen.

In dem vom EuGH entschiedenen Fall wurde dem Arbeitnehmer der Urlaubsanspruch für 13 Jahre zugesprochen!

Ein weiterer Grund bei der Beauftragung von Selbständigen höllisch aufzupassen!

Die vorliegende allgemeine Information kann und soll eine individuelle anwaltliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen.

Verfasser Kirsten Alexander Ritz, Rechtsanwalt, lohn-ag.de Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

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