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Neues zum Urlaubsrecht - Urlaub wegen Kurzarbeit kürzen?

Nach Monaten der pandemiebedingten Kurzarbeit stellt sich für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer die Frage nach der Höhe der Urlaubsansprüche für das Jahr 2020.

Der Europäische Gerichtshof hat in einer Entscheidung die Möglichkeit zur Kürzung des Urlaubes für Zeiten der Kurzarbeit grundsätzlich eröffnet (EuGH, 08.11.2012, C-229/11, C-230/11). Das Gericht stellte fest, dass die gegenseitigen Leistungspflichten des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers während der Kurzarbeit suspendiert, wenn nicht gar völlig aufgehoben sein können. Gegebenenfalls seien Kurzarbeiter als „vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer“ anzusehen, da ihre Situation faktisch der von Teilzeitbeschäftigten vergleichbar sei.

Das Landesarbeitsgericht Hamm (Urteil 30.08.2017, 5 Sa 626/17) berief sich auf dieses Urteil und entschied in einem Fall der vollständigen Herabsetzung der Arbeitszeit durch Kurzarbeit „0“ im ganzen Bezugszeitraum (Kalenderjahr), dass der Urlaubsanspruch wie bei einem Teilzeitarbeitsverhältnis pro rata temporis zu berechnen sei, soweit die zugrundeliegende Betriebsvereinbarung bzw. der Sozialplan dieses vorsehen.

Eine gefestigte Rechtsprechung liegt nicht vor. Ob der gesetzliche Urlaubsanspruch bei der Einführung von Kurzarbeit gekürzt werden kann ist streitbar. Regelmäßig dürfte die Kurzarbeit unter dem Vorbehalt stehen, den Arbeitnehmer kurzfristig zur Arbeit heranzuziehen. Das Bundesarbeitsgericht hat sich, soweit ersichtlich, noch nicht mit dieser Rechtsfrage zu befassen gehabt.

Nimmt man diesen Hinweis vorweg und geht man von einem Wechsel in Teilzeit aus, ist der verbleibende Urlaubsanspruch zu ermitteln. Ist die Anzahl der Wochenarbeitstage nicht das gesamte Kalenderjahr über gleichmäßig verteilt, wird für die Ermittlung des Urlaubsanspruchs die für den Arbeitnehmer maßgebliche Anzahl der Arbeitstage jahresbezogen mit der Anzahl der Werktage ins Verhältnis gesetzt (vgl. BAG 19.03.19, 9 AZR 315/17). Bei einer 5-Tage-Woche erfolgt dies über folgende Formel:

20 Arbeitstage Urlaub mal Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 260 Werktage.

Folgerichtig wäre auch der übergesetzliche, vertraglich vereinbarte Urlaubsanspruch in die Kürzung mit einzubeziehen, soweit keine anderen Vereinbarungen gelten.

Anders verhält es sich, wenn nicht ganze Arbeitstage ausfallen, sondern die tägliche Arbeitszeit wegen Kurzarbeit reduziert wird. Wird die Arbeitsleistung bei einer 5-Tage-Woche weiterhin arbeitstäglich an 5 Tagen pro Woche erbracht, mindert sich die Anzahl der Urlaubstage nicht.

Das Urlaubsentgelt für den Urlaub richtet sich nach dem durchschnittlichen Verdienst der letzten 13 Wochen, wobei Verdienstkürzungen in Folge Kurzarbeit die Höhe des Urlaubsentgelts nicht mindern.

Die Kürzung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit ist, wie bereits erwähnt, rechtlich nicht abschließend geklärt. Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit der Urlaubskürzung bei Kurzarbeit, soweit ersichtlich, noch nicht befasst.

Verfasser RA Kirsten Alexander Ritz, lohn-ag.de Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, 17.07.2020